Mein Lieblingsgemüse ist Rosenkohl!
Das Hass-/Würg-/Brechgemüse meiner Mutter ist Rosenkohl.
Der aufmerksame Leser könnte nun einen
Zusammenhang erkennen....
Soviel sei vorweg genommen:
Ich wollte alles anders machen! Aber
jetzt reicht es : Leberwurst am Apfel! Es reicht. Endgültig . Ich
rebelliere und fordere alle Mütter dieser Erde auf es mir gleich zu
tun .
Ich hasse Leberwurst . L E B E R W U R
S T . Eine Gänsehaut stellt sich mir bei dem Gedanken daran auf! Ich
hasse alles an Leberwurst: Den Namen, den Geruch, die Konsistenz, die
Farbe und die Verpackung. Wie sehr ich es hasse , wenn jemand mit
einem Messer diese widerwärtige Masse aus dieser goldenen
Plastikhülle herausprökelt. Na klar, ich hasse auch den Geschmack.
(Wobei der bei all vorangegangen Aspekten wirklich nebensächlich
ist.)
Wie dem auch sei. Ich habe zwei Kinder
und weil ich ja alles anders machen wollte als meine Mutter, weil
Mütter immer alles anders machen wollen als ihre Mütter, …....
kaufte ich schon bei Kind 1 Leberwurst.
Kleinkinder sollen Leberwurst aufs Brot total klasse finden. Der
Geschmack, die Konsistenz und so weiter und so fort..... Leberwurst
aufs Brot. Das sollte es sein: Das non plus ultra.
Was für ein Segen es doch war, als
Kind 1 vehement dieses Zeug verweigerte. Oh, was habe ich innerlich
gejubelt. Was ein Glück es doch ist, dass dieses Kind so schlecht
isst.
Tja und dann kam Kind 2 . Ein guter
Esser. Ein sehr guter Esser.... ein Allesesser!
Und eben weil Kind 2 ein Allesesser
ist, dachte ich mir:"Nö nö. Leberwurst wird er nicht vermissen, er
isst ja schließlich sonst Alles."
Das war klug und mein Leben verlief gut
und das Einkaufen verlief auch gut, da ich besagtes Lebensmittel
gekonnt umgehen konnte.
Und natürlich konnte es nicht immer so
gut weitergehen:
Mein kleiner Junge geht mit mir zusammen in den
Kindergarten. Ich als Erzieherin , er als Kind. Nun kommt ein Moment
, in dem meine Intelligenz offenbar nicht anwesend war......:
Ein Kind aus meiner Kindergruppe bringt
jeden Tag Brot mit Leberwurst mit in den Kindergarten. Ich muss mich
jeden Tag überwinden jenes Brot aus der Dose auf den Teller zu
manövrieren. Ich versuch jedes Mal gekonnt das Brot genau da zu
berühren, wo es nicht mit Leberwurst beschmiert ist, aber es gelingt
mir (wie wohl jedem Menschen dieser Welt) fast nie. Ist jene
Aktion beendet, wasche ich mir die Hände. Und dann bin
ich so wenig intelligent und setze meinen eigenen Jungen neben den Teller, den er lieber nicht sehen sollte?
Da ist das Kind in den Brunnen gefallen. Am ersten Tag schaute mein Kind nur ganz neidisch auf den
Leberwurstteller und biss traurig von seinem Käsebrot ab, am
nächsten Tag jedoch überkam es ihn offenbar und in einem
unbeobachteten Moment schnappte er sich ein Stück von der verbotenen
Frucht und es war als ob er den heiligen Grahl der Nahrungsmittel
entdeckt hätte. Na toll! Jackpot.
Als Mutter, die alles anders machen
will ,als ihre Mutter..... kaufte ich dem kleinen Mann einen Tag
später Leberwurst.
Seit dem ist mein Leben nur noch so
mäßig cool.
Jeden Morgen und oftmals sogar noch
Abends bin ich also die Person die mit einem Messer in der goldenen
Verpackung rumprökelt. Schon dieser Vorgang löst in mir so viel
Unbehagen aus, dass es mich schüttelt.
Und so geht es weiter.
Der Junge sitzt beim Essen neben mir
Tag für Tag. Ich sehe es, ich rieche es , ich kann es nicht
ignorieren und jeder der schonmal ein einjähriges Kind beim Essen
gesehen hat, weiß: es ist überall!!!
Stuhl, Tisch, Klamotten, Haare, Stuhl
links von ihm, Stuhl rechts von ihm: BINGO! Da sitze ich. Tag für
Tag, versucht er mir Nahe zu kommen.... mit seinen mit Leberwurst
verschmierten Händen. Er versucht mich zu berühren. Ich rücke von
ihm weg, immer weiter. Ich sitze am äußersten Rand des Tisches und
versuche nicht rüber zu gucken. Und wenn es eine Leberwursthand doch
schafft mich zu erreichen.... zieh ich mich um , sofort.
Die Leberwurst nimmt mein Leben ein.
Sie will mich kleinkriegen. Ich esse nicht mehr mit an dem Tisch. Ich
esse, wenn die Kinder schlafen, … ohne Leberwurst.
Aber vorher ziehe ich Handschuhe an und
hole Reinigungsmittel, ich halte den Atem an und putze alles weg.
Danach desinfiziere ich es.
Wenn es nach mir ginge würde ich jenen
Vorgang auch nach jeder Mahlzeit mit dem Kind vollziehen, aber das
scheint mir doch etwas überzogen, dennoch wechsle ich seine
Kleidung, nach jeder Leberwurstmahlzeit. Mit Fingerspitzen, schmeiße
ich alles in die Wäsche.
All das lass ich über mich
ergehen........weil ich eine gute Mutter bin und der kleine Vielfraß
eben sehr gern und sehr viel von dieser sonderbaren Masse isst.
Bis jetzt: Es ist vorbei! Das Spiel ist
aus Mrs. Leberwurst Tz!
Gerade will ich einen Apfel essen.
Der ist wunderschön rot. Er sieht saftig aus.Ich nehme ihn aus der Obstschale und
beiße hinein: Ich würge! Nicht nur ein bisschen!
Ich spucke das herzhaft abgebissenen
Stück aus und betrachte den Apfel genau:Roter, glänzender Apfel. Der Glanz …..
ist Fett. Fett aus Leberwurst.
Meine Gedanken schweifen ab...... ich
starre aus dem Fenster und plötzlich passiert es. Ich rebelliere!
Ich gewinne! Ich schmeiße den Apfel in den Mülleimer, stampfe zum
Kühlschrank , schreie:"NA DU LEBERWURST? Du blöde, beleidigte Leberwurst!Verloren hast du, weil du nichts kannst und nichts Wert bist!" Ich
nehme sie und schmeiße sie in den Müll.
Ende der Ära.
Wir sind wieder ein leberwurstfreier
Haushalt!
Mir wird plötzlich Folgendes klar: Ich
mach es jetzt genau wie meine Mutter!
Mit ca . 14 Jahren aß ich das erste
Mal Rosenkohl bei einer Bekannten. Als ich meine Mutter auf dieses
köstliche Gemüse ansprach, was ich zuvor zu Hause noch nie gegessen
hatte, grinste sie nur und sagte: Das gab es bei uns noch nie, weil
ich es nicht ausstehen kann! Rabenmutter, dachte ich ! (Seeeeeeeehr
kluge Mutter, denke ich nun!!!!)
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