Montag, 18. Februar 2019

Rebellion der Mütter oder Leberwurstbrot


Mein Lieblingsgemüse ist Rosenkohl! Das Hass-/Würg-/Brechgemüse meiner Mutter ist Rosenkohl.
Der aufmerksame Leser könnte nun einen Zusammenhang erkennen....
Soviel sei vorweg genommen:
Ich wollte alles anders machen! Aber jetzt reicht es : Leberwurst am Apfel! Es reicht. Endgültig . Ich rebelliere und fordere alle Mütter dieser Erde auf es mir gleich zu tun .

Ich hasse Leberwurst . L E B E R W U R S T . Eine Gänsehaut stellt sich mir bei dem Gedanken daran auf! Ich hasse alles an Leberwurst: Den Namen, den Geruch, die Konsistenz, die Farbe und die Verpackung. Wie sehr ich es hasse , wenn jemand mit einem Messer diese widerwärtige Masse aus dieser goldenen Plastikhülle herausprökelt. Na klar, ich hasse auch den Geschmack. (Wobei der bei all vorangegangen Aspekten wirklich nebensächlich ist.)
Wie dem auch sei. Ich habe zwei Kinder und weil ich ja alles anders machen wollte als meine Mutter, weil Mütter immer alles anders machen wollen als ihre Mütter, …....
kaufte ich schon bei Kind 1 Leberwurst. Kleinkinder sollen Leberwurst aufs Brot total klasse finden. Der Geschmack, die Konsistenz und so weiter und so fort..... Leberwurst aufs Brot. Das sollte es sein: Das non plus ultra.
Was für ein Segen es doch war, als Kind 1 vehement dieses Zeug verweigerte. Oh, was habe ich innerlich gejubelt. Was ein Glück es doch ist, dass dieses Kind so schlecht isst.
Tja und dann kam Kind 2 . Ein guter Esser. Ein sehr guter Esser.... ein Allesesser!
Und eben weil Kind 2 ein Allesesser ist, dachte ich mir:"Nö nö. Leberwurst wird er nicht vermissen, er isst ja schließlich sonst Alles."
Das war klug und mein Leben verlief gut und das Einkaufen verlief auch gut, da ich besagtes Lebensmittel gekonnt umgehen konnte.
Und natürlich konnte es nicht immer so gut weitergehen:
Mein kleiner Junge geht mit mir zusammen in den Kindergarten. Ich als Erzieherin , er als Kind. Nun kommt ein Moment , in dem meine Intelligenz offenbar nicht anwesend war......:
Ein Kind aus meiner Kindergruppe bringt jeden Tag Brot mit Leberwurst mit in den Kindergarten. Ich muss mich jeden Tag überwinden jenes Brot aus der Dose auf den Teller zu manövrieren. Ich versuch jedes Mal gekonnt das Brot genau da zu berühren, wo es nicht mit Leberwurst beschmiert ist, aber es gelingt mir (wie wohl jedem Menschen dieser Welt) fast nie. Ist jene Aktion beendet, wasche ich mir die Hände. Und dann bin ich so wenig intelligent und setze meinen eigenen Jungen neben den Teller, den er lieber nicht sehen sollte?
Da ist das Kind in den Brunnen gefallen. Am ersten Tag schaute mein Kind nur ganz neidisch auf den Leberwurstteller und biss traurig von seinem Käsebrot ab, am nächsten Tag jedoch überkam es ihn offenbar und in einem unbeobachteten Moment schnappte er sich ein Stück von der verbotenen Frucht und es war als ob er den heiligen Grahl der Nahrungsmittel entdeckt hätte. Na toll! Jackpot.
Als Mutter, die alles anders machen will ,als ihre Mutter..... kaufte ich dem kleinen Mann einen Tag später Leberwurst.
Seit dem ist mein Leben nur noch so mäßig cool.
Jeden Morgen und oftmals sogar noch Abends bin ich also die Person die mit einem Messer in der goldenen Verpackung rumprökelt. Schon dieser Vorgang löst in mir so viel Unbehagen aus, dass es mich schüttelt.
Und so geht es weiter.
Der Junge sitzt beim Essen neben mir Tag für Tag. Ich sehe es, ich rieche es , ich kann es nicht ignorieren und jeder der schonmal ein einjähriges Kind beim Essen gesehen hat, weiß: es ist überall!!!
Stuhl, Tisch, Klamotten, Haare, Stuhl links von ihm, Stuhl rechts von ihm: BINGO! Da sitze ich. Tag für Tag, versucht er mir Nahe zu kommen.... mit seinen mit Leberwurst verschmierten Händen. Er versucht mich zu berühren. Ich rücke von ihm weg, immer weiter. Ich sitze am äußersten Rand des Tisches und versuche nicht rüber zu gucken. Und wenn es eine Leberwursthand doch schafft mich zu erreichen.... zieh ich mich um , sofort.
Die Leberwurst nimmt mein Leben ein. Sie will mich kleinkriegen. Ich esse nicht mehr mit an dem Tisch. Ich esse, wenn die Kinder schlafen, … ohne Leberwurst.
Aber vorher ziehe ich Handschuhe an und hole Reinigungsmittel, ich halte den Atem an und putze alles weg. Danach desinfiziere ich es.
Wenn es nach mir ginge würde ich jenen Vorgang auch nach jeder Mahlzeit mit dem Kind vollziehen, aber das scheint mir doch etwas überzogen, dennoch wechsle ich seine Kleidung, nach jeder Leberwurstmahlzeit. Mit Fingerspitzen, schmeiße ich alles in die Wäsche.
All das lass ich über mich ergehen........weil ich eine gute Mutter bin und der kleine Vielfraß eben sehr gern und sehr viel von dieser sonderbaren Masse isst.
Bis jetzt: Es ist vorbei! Das Spiel ist aus Mrs. Leberwurst Tz!

Gerade will ich einen Apfel essen. Der ist wunderschön rot. Er sieht saftig aus.Ich nehme ihn aus der Obstschale und beiße hinein: Ich würge! Nicht nur ein bisschen!
Ich spucke das herzhaft abgebissenen Stück aus und betrachte den Apfel genau:Roter, glänzender Apfel. Der Glanz ….. ist Fett. Fett aus Leberwurst.
Meine Gedanken schweifen ab...... ich starre aus dem Fenster und plötzlich passiert es. Ich rebelliere! Ich gewinne! Ich schmeiße den Apfel in den Mülleimer, stampfe zum Kühlschrank , schreie:"NA DU LEBERWURST? Du blöde, beleidigte Leberwurst!Verloren hast du, weil du nichts kannst und nichts Wert bist!" Ich nehme sie und schmeiße sie in den Müll. 
Ende der Ära.
Wir sind wieder ein leberwurstfreier Haushalt!

Mir wird plötzlich Folgendes klar: Ich mach es jetzt genau wie meine Mutter!
Mit ca . 14 Jahren aß ich das erste Mal Rosenkohl bei einer Bekannten. Als ich meine Mutter auf dieses köstliche Gemüse ansprach, was ich zuvor zu Hause noch nie gegessen hatte, grinste sie nur und sagte: Das gab es bei uns noch nie, weil ich es nicht ausstehen kann! Rabenmutter, dachte ich ! (Seeeeeeeehr kluge Mutter, denke ich nun!!!!)






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