Sonntag, 21. März 2021

Ein Jahr später: Corona 2.0

 

Vor ziemlich genau einem Jahr schrieb ich einen durchweg positiven Text über meine durchaus positiven Erlebnisse in der Corona -Zeit . Ich schrieb von Superhelden- Partys und Regentänzen, von Sonne, Garten und vor allem von einem : Entschleunigung. Ich schrieb wie sehr es mir gefällt, dass wir als Familie zu Hause sind und die Zeit gemeinsam genießen. Ich schrieb fast mit einer rosaroten Brille , für die ich durchaus verachtet wurde! Was fiel mir denn ein … diesen schlimmen Lockdown gut zu finden !? JA, also ehrlich … was fiel mir nur ein ?

Jetzt stecke ich bereits seit 13 Wochen in genau der gleichen rosaroten Welt wie vor einem Jahr. Seit 13 Wochen Lockdown,.... seit 13 Wochen Zu Hause. Keine sozialen Kontakte, kein „außer Haus“. Find ich es immer noch gut?....Ja , irgendwie schon , aber diesmal ist es trotzdem ein bisschen anders!

Ich habe seit Monaten keinen Text mehr geschrieben. Warum? Weil es absolut nichts zu berichten gibt. Entschleunigung ist was echt tolles. Ich freu mich immer noch darüber. Die Frage die sich mir jedoch zunehmend stellt, ist.... ob man sich so sehr entschleunigen kann, dass man sich verschleunigt sozusagen. Das geht natürlich nicht, denn „verschleunigt“ erscheint mir, laut Autokorrektur, ein Wort zu sein, was ich soeben erfunden habe. Aber es ist ja wohl klar, was ich mit meinem neuen Wort meine.

Langsam überkommt mich das Gefühl, dass wir so sehr entschleunigt sind, dass wir es nicht mehr schaffen würden , am normalen Leben teilzunehmen. Also rein zeitlich. Wir sind einfach zu langsam. Wir sind so entsetzlich langsam, dass jede Schnecke dieser Erde uns überrunden würde. Um dies zu veranschaulichen nützt nur ein kleines Beispiel:

Es ist Montag Morgen ! Für Freitag Mittag bekommen wir einen „Termin“ rein . Einen Termin rein bekommen klingt jetzt erst mal ganz schön aufregend. Ist es auch ! Ich notiere aufgeregt mit zitternden Händen in den komplett leeren Kalender: Mittagessen bei Mama und Papa. Das passt. Ich teile den Kindern mit, dass wir am Freitag einen Termin haben. Sie sind genauso aufgeregt wie ich . Die Tochter beginnt mit den Planungen.... „ Wenn wir zu Oma fahren, dann nehme ich die rosa Tasche mit Elsa mit, da stecke ich dann die eine Puppe rein , mit Ersatzkleidung, falls sie sich dreckig macht. Ich nehme auch noch meinen Rucksack mit. In den Rucksack stecke ich besser meine Tonie Box. Ihr wisst, dass ich ohne Musik nicht mehr leben mag und dann noch Bibi als Tonie und die Meerjungfrau ….....usw....“ Der Junge hingegen hat andere Sorgen: „ Fahren wir jetzt zu Oma?“ „Nein Freitag!“ „Wie oft noch schlafen, bis wir zu Oma gehen?“ „Viermal!“

Okay. Thema vorerst abgehakt. Denkt man . Es sind nur noch vier Tage und wer weiß , ob wir bis dahin alles schaffen . Mit Alles meine ich dem Fall: Das tägliche Leben. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass wir langsam geworden sind. Und weil der Lockdown nun seit 13 Wochen geht, weiß von uns eh keiner mehr welcher Tag gerade ist und als plötzlich Freitag ist, sind wir alle geschockt.... und uns ist klar: Wir werden zu unserem Termin zu spät kommen. Das ist klar wie Kloßbrühe. Ist man erst mal im Corona-Moove.... ist es nicht zu schaffen mit zwei Kindern das Haus so zu verlassen, dass wir pünktlich um 13 Uhr bei einem Termin sind. Ich meine 13 Uhr!? Das ist quasi mitten in der Nacht.... vor allem wenn man zwei Kinder hat, die mittlerweile ein stark eingespieltes Team sind: dabei liegt die Betonung auf „Spiel“. Sie spielen... den ganzen Tag , ohne Unterbrechung. Und da es ja keine Unterbrechungen gibt , während des Lockdowns, sind sie dies nicht mehr gewöhnt und sie unterbrechen ihr Spiel auch nicht, wenn es um einen Termin geht. Da machste nichts. Ich plane für die Abfahrt 12.45 Uhr ein und gebe um 10 Uhr das erste Mal Bescheid, dass wir uns vielleicht langsam mal fertig machen sollten, weil ja offenbar schon 5 Tage um sind und unser Termin ansteht. Gleichzeitig setze ich die Whatsapp -Nachricht an meine Mutter ab, dass wir wahrscheinlich zu spät kommen werden. Es ist immer gut so was vorher schon mal anzukündigen. Das nimmt den Druck raus. Was soll ich sagen ? Um 12:30 Uhr ist immer noch keiner angezogen und die Tochter hat ihre Taschen noch nicht gepackt. Komisch eigentlich . Sie hatte doch am Montag schon alles geplant. In unserer entschleunigten Art werden wir hektisch, was irgendwie nicht ansatzweise mit der normalen Hektik von früher zu vergleichen ist. Wir sind hektisch , aber irgendwie ….. langsamer als sonst. Ich merke, dass mich ein Termin in der Woche überfordert... und der Gedanke kommt auf, dass ich einen klassischen Tag mit Kita und Arbeit früh Morgens nie wieder schaffen kann. Ich frage mich gerade , was all die Menschen , die das jeden Tag schaffen für Übermenschen sind. Nun denn.... während die Gedanken abschweifen und die Kinder irgendwie immer noch nicht angezogen sind, ist es 12.45 Uhr und ich verkünde: Oh Gott! Wir werden zu spät kommen. Die Tochter ist entsetzt und zieht sich an . Der Junge: spielt. In einer trägen Langsamkeit helfe ich ihm sich anzuziehen und irgendwie machen wir uns alle fertig und dann ist es 13 Uhr! Um 13 Uhr wollten wir da sein . Früher hätte ich einen Herzinfarkt bekommen. Jetzt bin ich so gelassen, dass es schon fast unangenehm ist. 13 : 20 Uhr. Wir wollen losfahren. Denke ich … Die Tochter muss nochmal pipi. Oh... der Sohn auch , .......oh ich auch . 13:30 Uhr: Wir fahren los.

Bei unserem wichtigen Termin (Ihr erinnert... es ist ein Treffen mit meinen Eltern!!) angekommen, wird mir noch was klar. Wenn meine Kinder nur noch mich und meinen Mann sehen über Wochen.... können sie all das was sie so sagen , nur von uns haben. Das ist unangenehm,... die klassische Ausrede in solchen Fällen „ Das müssen sie aus der Kita haben“ , zählt nicht mehr. Da waren sie schließlich seit 13 Wochen nicht mehr,

....... aber das ist nochmal eine ganz andere Geschichte . :)