Wer mich kennt, weiß dass ich in einem Punkt einem
weiblichen Klischee entspreche. Nämlich dem Klischee der arachnophobischen
Frau. Ja. Ich habe Angst vor Spinnen, wie wahrscheinlich jede Frau Angst vor Spinnen
hat. Naja, oder jeder Mensch. Denn wenn jemand keine Angst vor Spinnen hat,
scheint es kein Mensch zu sein. Oder irgendwas stimmt da nicht. Wie dem auch
sei. Ich habe nicht nur ein bisschen Angst…. Ich drehe förmlich durch. So kam
es bereits nicht nur einmal vor, dass ich bei der Anwesenheit einer Spinne und
gleichzeitiger Abwesenheit des Mannes weinend auf dem Flur saß und meine Mutter
her zitierte, um das Problem zu lösen. Problem lösen heißt übrigens TÖTEN und
mir die Leiche präsentieren! Erst der Anblick des getöteten Monstrums
verschafft in mir Erleichterung und die Gänsehaut verschwindet! Ein solches
Problem ist nicht gelöst, wenn das Tier gefangen wird und draußen wieder
ausgesetzt wird. Das ist krank, ihr Hippies. Es geht auch nicht einfach nur zu
sagen, dass man die Spinne getötet habe und dann wird keine Leiche präsentiert.
Der Akt der Tötung wird bei mir sofort als glatte Lüge betrachtet, wenn es
keine Leiche gibt. Das Problem ist auch nicht gelöst, wenn man eine Spinne
aufsaugt. Das ist doch wohl ganz klar. Riesen-Spinnen klettern ganz einfach
wieder zurück und man kann sich nicht sicher sein wann das passiert und schon
macht dieser Staubsauger es eigentlich nur noch schlimmer. Die einzige passende
Lösung hierzu wäre den Staubsauger, nach dem Einsaugen der Spinne zu
verbrennen. Auch blöd, hm? Und auf Dauer ganz schön teuer. Da gelobe ich mir
meine Mutter. Nach altmodischer Methode und mit jahrelanger Erfahrung zieht sie
gekonnt ihre Haussandale aus und kloppt einmal gezielt auf so ein Monster ein. Dann
sammelt sie das gute Stück mit einem Papiertuch auf und präsentiert es mir. Mit
den Worten: „Die ist tot, sowas von tot“, entsorgt sie die Spinne im Müll. Und
mir geht’s super.
Bei mir geht das ganze sogar soweit, dass ich seit 4 Jahren
unseren Keller nicht mehr betreten habe. Denn wer weiß es nicht, … wer wohnt da?
Richtig. Alles. Auch Spinnen. Das Ganze ist nicht weiter schlimm. Mein Mann
nutzt den Keller, um seine Messi-Veranlagung auszuleben und ich blende den Teil
des Hauses einfach aus. Fertig. Es kommt nur zu Problemen, wenn sich einmal im
Jahr Schornsteinfeger und Strom-/Gasablese-Menschen da nach unten verirren
möchten. Ich erkläre den Leuten den Weg und dann verschwinde ich ins Wohnzimmer
und hoffe, dass sie es überleben. Ja, das Ganze ist mir jedes Mal etwas
unangenehm. Es könnte schließlich sein, dass die Sammlungen des Mannes den
Keller und mittlerweile auch den Auf- und Abgang dahin derart blockieren, dass
die Beinbruchgefahr für die jährlichen Besucher enorm hoch ist. Aber ich
schlage mich wacker und schmetter jedes Jahr aufs Neue meinen Satz dahin: „Entschuldigen
sie, ich war seit …. Jahren nicht mehr im Keller.“ (Die Punkte müssen durch die
jeweilige Jahresanzahl ersetzt werden. Versteht sich.)
So. Nun ist es, wie mancher weiß, seit ein paar Jahren so,
dass ich Kinder habe. Wenn man Kinder hat wird ja vieles komplizierter. Unter
anderem die Sache mit den Ängsten. Man ist ja stets bemüht die Ängste den
Kindern nicht zu übertragen. Also wirklich stets bemüht. Als Mutter lügt man
sich einen zurecht, da wird’s einem übel. Aber das steht auf einem anderen
Blatt Papier.
Was soll ich sagen? Nach der 3. Spinne hatte meine Tochter
verstanden, dass mein : „Ooooch , die sind doch gar nicht schlimm, da musst du
doch keine Angst haben. Die tun ja nichts usw. usw.“ sowas von gelogen waren. Na
gut. Ich trug es mit zitternder Stimme und Schweißperlen auf der Stirn vor,
aber dennoch. Ich gab mir Mühe.
Wie dem auch sei: Vergebens. Bei der dritten Spinne… hatte
jenes betroffene Objekt eine Größe erreicht, da waren Hopfen und Malz verloren
und die damals zweijährige Tochter und ich standen sprachlos, weinend im Spielzimmer.
Machtlos. Die einzige Lösung: Zimmer verriegeln. Nicht mehr betreten. Warten
bis Rettung (der Mann)kommt und
natürlich hoffen, dass sie dann noch da ist, wo sie war.
Schlimm.
Seit diesem Tag haben wir also beide große Angst
vor Spinnen. Nur einer hat von dem Taram noch nichts mitbekommen. Der kleine, unschuldige Junge. Der träumt vor sich hin, wenn seine Mutter und seine
Schwester die Krise bekommen. Gut so. Wenn wir uns den richtig ran ziehen, kann
der uns nämlich noch sehr nützlich werden. Das ist uns längst klar. Und so trug
es sich neulich zu.
Der Junge knetete freudestrahlend mit sehr viel
Konzentration im Wohnzimmer. Das Mädchen spielte auch im Wohnzimmer. Was genau…
weiß man nicht. Ich war in der Küche und machte was, was man halt so macht. Hausmutterkram…oder
aber am Handy rumdaddeln. Wer weiß auch das schon?
Jedenfalls ertönte urplötzlich der Schrei der Schreie: „Maaaaaaaaaaaaaaaaaaama!
(es ging in Weinen über) Da ist eine
riiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiesige Spinne.“
Hier sei gesagt, dass ich den Größenverhältnissen der
Tochter noch nicht traue und da alles bei rumkommen kann. Entweder ist die
Spinne wirklich riesig oder halt eben nicht. Manchmal ist sie auch nur winzig.
Aber was rede ich hier? Für Spinnengegner ist einfach jede Spinne riesig.
Tja. Zitternd laufe ich also zum Wohnzimmer und luge nur so
ums Eck und frage mit großem Sicherheitsabstand: „Wo denn?“ „Da, unter dem
Kissen!“ Neeeeeein. Das ist nicht gut. Gar nicht gut. Unter dem Kissen kann nun
alles sein. Ich würde das Kissen niemals anheben, um die wirkliche Größe
festzustellen. Ich lief in Richtung des Kissens. Da standen wir zwei nun.
Ängstlich schauten wir uns an. Die Antwort auf meine Frage: „Was machen wir
nun?“, war mir klar. Unsere Blicke wanderten zu dem kleinen, verträumten Jungen,
der freudig knetete und von alle dem schon wieder nichts mitbekam. Das Mädchen antwortete sehr
weise: „Eik muss das machen. Er hat keine Angst.“ Brillant.
Ich rief den kleinen Mann. Er kam. „Tja und nun, Kaja?“ „Nun
müssen wir ihm erklären, dass er das Kissen anheben muss. Danach muss er
schnell mit einem Schuh auf die Spinne hauen.“ Sie ist so klug. Von der
optimalen Tötung der Spinnen versteht sie was!
Oh Gott. Das würde nie funktionieren, aber was blieb uns
anderes übrig?
Kaja besorgte einen Schuh. (Der Hausschuh des Mannes…. Viel
zu groß, aber immerhin viel Tötungsfläche) Sie drückte dem Jungen den Schuh in
die Hand. Dann versuchte sie ihm zu erklären, was zu tun ist. Ich stellte mich
derweil auf einen Stuhl. Und der Junge? Der schaute nur ratlos. Ich war mir
sicher: Er hatte nichts verstanden. Das Mädchen stellte sich auch auf einen Stuhl. Er
ging zum Kissen… ließ dabei den Schuh fallen. „Neeeeeeeein“, rief sie. „Kissen hoch,
Schuh auf Spinne! Du musst den Schuh festhalten Eik. Damit musst du hauen.“ Er
nahm den Schuh, hob das Kissen an! Sie brüllte: „3,2,1, HAUEN EIK!“ Und er?
Ließ den Schuh einfach fallen im Nichts und verschwand mit dem Kissen. Da war
kein Hauen, kein Töten, Nichts.
Aaaber…. Der aufmerksame Leser fragt sich nun, was ist mit
der Spinne. Richtig. Es schien keine Spinne zu geben. Da war nichts. Ich bekam
Panik und fing fast an zu weinen. Wenn die riiiiiiiiiiesige Spinne nicht mehr
unter dem Kissen war, ja dann war sie nun irgendwo hier. Wir mussten ausziehen.
Raus aus dem Haus. Für immer. Ich war dabei durchzudrehen. Die Tochter hingegen stand auf ihrem Stuhl und philosophierte: „Wenn die Spinne nicht mehr da ist, hat sie sich selbst gemordet.
Oder sie ist weggeflogen, ich denke Spinnen können fliegen.“
Jaaa genau. Und als ich so vom Stuhl stieg, bewegte sich
etwas auf dem Boden, etwas, das so klein war, dass es mit bloßem Auge kaum zu
erkennen war. Etwas, das so dünne Beine hatte, wie ein Viertel Haar. Ja es war
eine Spinne, aber so eine winzige Spinne hatte ich tatsächlich noch nie
gesehen. Ich bat Kaja zu mir: Wir mussten uns bücken um etwas zu erkennen. Also
starrten wir auf den Boden: „Kaja, meintest du etwa diese riesige Spinne?“
„Ahhhh da ist sie ja. JA. Das ist sie.“, entgegnete sie. … „Kaja, die ist gar
nicht riesig. Warum hast du mich denn gerufen?“, wollte ich wissen.
„Na, ich hab` dich gerufen, weil wir zwei doch Angst vor
Spinnen haben!“ antwortete sie.
Soso......