Tatsachenbericht
Achtung die folgenden Szenen beschreiben ein und dasselbe Kind…Auch
wenn man es nicht für möglich hält.
Szene 1:
Mein kleiner Junge hat, wie wohl alle Kinder, oder besser
gesagt alle meine Kinder… (Ja, ich weiß, es sind nur zwei) …., ein Problem mit
Kleidung. Naja, Problem kann man es nun auch nicht nennen. Er steht mit Kleidung
auf Kriegsfuß. Mit all seiner Kleidung. Außer mit den Socken. Da ist es
umgekehrt. Er steht also mit mir auf Kriegsfuß, wenn ich ihm seine Socken ausziehe.
Lange Rede kurzer Sinn: Er mag am liebsten nackt (mit Socken) sein und wenn
schon Kleidung, dann nur von ihm ausgewählte. Dabei wählt er je nach
Müdigkeits- und Gemütsstand, besonders aber nach Stand der Sonne, oder des -Mondes, unterschiedlich aus. Heißt mit anderen Worten. Man kann nicht erahnen,
was ihm in diesem Moment gefällt. Naja, außer Socken. Aber auch da gibt es Favoriten
und absolute No-Gos.
Bei den Langarmshirts (da besteht er drauf), Pullover sind
zu warm, … will er 3 Tage AUSSCHLIEßLICH das „Tatütata-Shirt“ anziehen und steckt
in einer Sinneskrise, wenn besagtes Teil in der Wäsche ist. Am vierten Tag will
ich ihm freudig sein Lieblingsteil anziehen und er beginnt empörend zu weinen.
An Tag vier ist Tatütata eben nicht der Hit. Oft lasse ich ihn dann selbst
auswählen, um Schreiattacken vorzubeugen. Das hat aber zur Folge, dass ich ihm an
einem Morgen 4 verschiedene Shirts anziehe, bis er endlich sein Traumteil
gefunden hat. Aber ich mache das. Ganz genügsam, wie man das eben so macht als Mutter.
So und nun kommen wir zu einem heiklen Punkt: Die Gewohnheit!
Diese spielt bei dem kleinen Mann eine sehr große Rolle. Wenn er z.B. ein Paar Schuhe
hat, dann hat er die! Für immer. So, seine Meinung. Gleiches Spiel gilt bei der
Mütze, dem Schal oder der Jacke. DIE JACKE. Die Jacke des Grauens: Der Übergang
von Herbst zu Winter, oder eher von Sommer zu Winter (Den Herbst über hat er
sich noch mit seiner Sommerjacke durchgemogelt) stand an. Tja. Der kleine Mann sollte
seine neue Jacke anziehen. Und das tat er…NICHT. So gar nicht. Er weinte,
schrie, wehrte sich und ja… er übergab sich, weil er sich so aufregen musste. Der
arme Kerl. Weiß gar nicht was er hat? Ich freu mich immer riesig über eine neue
Jacke. Nun gut. Er nicht … und diese Jacke war für ihn ein rotes Tuch. Mehrere
Tage probierte ich mein Glück. Es half nichts. Jedes Mal, wenn ich sie nur in
der Hand hielt, schrie er sozusagen um sein Leben. Er mochte sie nicht. Da es
aber bei um die 5 Grad zu kalt war für die Sommerjacke, eilte ich verzweifelt
in einen Laden, um eine Herbstjacke zu besorgen, denn diese erschien mir
zumindest etwas wärmer als eine Sommerjacke…. Beim nächsten Jackenanziehen
hatte er zwei Jacken zur Auswahl und entschied sich, wenn auch unter Tränen,
für die Herbstjacke. Von einer bekannten Mutter, die mit ihrem Sohn gleiches
Schicksal teilt, erhielt ich schließlich den Tipp neue Dinge beim Abholen aus
der KiTa anzuziehen. Da sei das Kind so abgelenkt und würde neue Teile eventuell
so anziehen. Ha. Der Tipp war grandios, denn mit diesem einfachen Mittel,
gewöhnte ich meinen Jungen so ganz nebenbei an die Winterjacke.
Jetzt ist diese Winterjacke sein „Ein und Alles“! Seine Macht
der Gewohnheit. Sein sicherer Hafen. Naja, und die passende Mütze, die bei
unserem jetzigen Winter viel zu warm ist, aber was solls. Er braucht sie halt…
(Zum Schwitzen).
Tja und wie ich eben schon erwähnt habe…. Ist der Winter so
überhaupt kein richtiger Winter und eigentlich eher ein Herbst und nun steht
der Junge da mit dieser dicken Winterjacke und mich überkam die Idee schonmal
eine neue Jacke zu besorgen, die etwas dünner ist. Eine Frühlingsjacke
sozusagen. Ich hätte nun noch einige Wochen Zeit ihn behutsam darauf
vorzubereiten. Und so kaufte ich ihm eine echt schöne, blaue, Jacke mit Dinosauriern
drauf. Und hier beginnt
Szene 2:
Um den Jungen schonmal drauf vorzubereiten, dass er in
weiter Zukunft eine andere Jacke tragen wird…. Habe ich die Jacke nach dem Kauf
direkt auf dem Rücksitz liegen lassen, damit er sie gleich sieht, wenn er nach der
KiTa ins Auto steigt. Was passiert? Nichts.
Also mache ich ihn nach kurzer Fahrt drauf aufmerksam, dass
da eine neue Jacke für ihn liegt.
Er flippt aus vor Freude: „Haurier, Haurier, Haurier!“ Das ist
ein gutes Zeichen. Zwar wusste ich bislang nicht, dass er auf Dinosaurier steht….
Aber damit liegt man bei Jungs ja eigentlich nie falsch, dachte ich so. Als nächstes:
„Blau, blau, blau!“ Gleicher Satz wie
zuvor, ersetze "Dinosaurier"durch „blau“.
Tja und dann geht alles ganz schnell……zunächst nimmt er die
Jacke auf den Schoß. Es scheint ein Glückstreffer zu sein. Plötzlich wirft er
sie weg und beginnt zu weinen. „Aua, aua, aua. Da Kugel am Bauch!“ Er fasst
sich an die Gurte und ruckelt, als würde ihn was stören. Er wird immer lauter.
Ich fahre rechts ran und schaue nach. Er ruft: „Jacke aus, Jacke aus!“ Schnell
schnalle ich ihn ab, … „raus aus Sitz“ sagt er und ich befolge seine Anweisungen.
Da steht er neben mir, zieht seine Winterjacke rasend schnell aus, wirft diese
auf den Boden! Ich bin verwirrt. Er? Weint nicht. Nein. Er grinst mich an. Ich
bin immer noch verwirrt. Er sagt: „Neue Jacke anziehen!“
Ich bin überfordert. Hat er das gerade wirklich gesagt? Ich handle
schneller als ich denken kann und ehe ich mich versehe, sitzt der kleine Junge
in seiner Dinosaurier-Jacke in seinem Autositz und ….schläft. Mit einem
unglaublich zufriedenen Grinsen.
Ich war total beflügelt von meinem Glücksgriff „Dinosaurier-Jacke“….
bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel:
DER KLEINE JUNGE WIRD AB MORGEN (MITTEN IM WINTER), FÜR
IMMER, MIT SEINER FRÜHLINGSJACKE IN DIE KITA GEHEN.