Selten, sehr
selten liegen das größte Mutterglück und die pure Mutterverzweiflung so dicht
beieinander wie zur Abholzeit in einer KiTa. Eine KiTa ist ein magischer Ort.
Frei nach dem Motto:
„Was in der
KiTa passiert, bleibt in der KiTa.“ Zusätzlich frei nach dem Motto: „Du bist
nicht mehr du selbst.“ Und das gilt wohl für Alle. Mütter, Erzieher, Kinder.
Irgendwie sind da alle anders. Und schmeißt du dein Kind als dein Kind in
diesen mysteriösen Raum, so holst du es ab als eine Überraschungstüte.
Spannend. Unglaublich spannend……Wenn man denn auf Spannung und Überraschungen
steht. Nun denn beginnen wir vorne und vorne ist da wo das größte Mutterglück
beginnt. Den ganzen Morgen, ja quasi den ganzen Tag freue ich mich auf diesen
einen Moment. Das ist DER Moment des Tages und den hat mir bitte keiner kaputt
zu machen. Ja, auch nicht jemand, der mich mittags aufhält, oder vor mir zu
langsam fährt, sodass ich es nicht pünktlich in die KiTa schaffe. Es ist der
Moment, in dem sich mittags die Tür der Krippengruppe des Sohnes öffnet. 15
kleine Kinder stürmen mit großen, erwartungsvollen, suchenden Augen in den
Flur. Jedes Kind sucht in der Menschenmenge seine Mutter. Und nach verwirrtem
hin- und her schauen haben die Augen meines Jungen mich gefunden. Er strahlt, ruft
„Mama“ und rennt so schnell er kann in seinem Pinguingang in meine Arme. Er
drückt sich an mich und ist mit sich und der Welt im Reinen. Er hat mich
wieder. Seine Mama kommt, um ihn abzuholen. Und ich habe ihn wieder. Meinen
kleinen Sohn, den ich für mein Dafürhalten viel zu lange von mir weggebe. Dieses
Gefühl ist unbeschreiblich. Und ich weiß, dass es jeder Mutter in genau diesem
Moment so geht. Nicht umsonst stehen um kurz vor 12 schon viele viele Mütter
bereits nervös im Flur und warten auf ihr Kind.
So genug der
Gefühlsduselei. Dann beginnt der Ernst des Lebens. Der Kampf ums Überleben,
denn schließlich gilt es ab nun mit zwei tickenden Zeitbomben zu hantieren.
Bescheuertes Wagnis. Und eins hab ich gelernt…. Es ist egal welches Kabel ich
durchschneide, die Bomben explodieren. Entschärfung ausgeschlossen. Mein Motto:
Irgendwie unbeschadet da durchkommen. Ach ja und: Contenance! Lächeln…. Und nett
aussehen. Das Motto der Kinder: Mama ganz und gar nicht unbeschadet dadurch bringen.
EXPLODIEREN, ESKALIEREN.
Nachdem ich
also den schönsten Moment des Tages mit meinem Sohn erlebt habe und wir die
Welt um uns herum für 1 Minute vergessen, geht es los:
Ich ziehe
ihn an (noch auf seiner Krippenseite der KiTa), dann durchschreiten wir das Tor
des Grauens: Es geht zur Kindergartenseite, auf der sich die Tochter befindet. Während
ich vorsichtig zur Tür schreite, um das Mädchen zu begrüßen… driftet der Junge
das erste Mal ab und spielt mit älteren Kindern. Das ist zunächst gut und
verschafft mir wertvolle (leise) Zeit bei der Tochter.
Während ich
auch von ihr noch vor einigen Wochen freudig begrüßt wurde, werde ich nun meist
mit Sätzen a la: „Was willst du denn hier?“, oder „Nöööö, ich mal noch.“,
empfangen. Das ist schonmal eine super Basis, wenn die motivierte Mutter von
heutzutage doch plant den Laden möglichst zügig und auch möglichst unauffällig
zu verlassen. Der Junge nähert sich derweil an und während ich noch versuche mit
der Friedenspfeife in der Hand das Mädchen von meiner Sicht der Dinge zu überzeugen,
schleicht er an uns vorbei und ist verloren. ER ist verloren, ich bin verloren
, wir alle sind verloren, …. Im Spielparadies (der Hölle) Kindergarten. Ein
Ort, aus dem ein 2-Jähriger sich niemals ohne Widerworte entfernen lassen wird
und schonmal gar nicht mein 2 -Jähriger der Wutanfälle und Jähzornigkeit in
Perfektion beherrscht.
Nun denn,
ich diskutiere mit der Tochter. Sich selber anziehen ohne Diskussion und Streit
gerade undenkbar, ich wähle also den leichten Weg und ziehe sie (wenn auch gegen
ihren Willen) an . So. Die Kinder sind angezogen. Wir könnten dann jetzt gehen.
Tun wir aber
nicht. Ich versuche den Jungen aus der Hölle zu entfernen. Dies kommt dem Durchschneiden
gleich beider Drähte der Bombe gleich! ALARM! Ich trage ihn schreiend heraus,
schließe die Tür des Raumes hinter mir. Das Mädchen ist weg. Ich suche es. Es
versteckt sich im Zelt und siehe da. Die Jacke hat sie nicht mehr an. Die Mütze
ist auch verschwunden. Ich setze den, immer noch weinenden Jungen, ab und suche
nach Jacke und Mütze…. Ich werde schnell fündig und ziehe es dem Mädchen ein
zweites Mal an. Der Junge liegt demonstrierend auf dem Boden. Die erste Mutter
fragt mich, warum mein Kind denn wohl weinen würde. Ich reagiere freundlich. Ich
schnappe mir zwei Kindergartentaschen, 5 gemalte Bilder, 2 gebastelte „Irgendwas“
, 4 Kraken (3 vom Mädchen, 1 vom Jungen), zwei Schnuller, zwei Sonnenbrillen,
2 Regenschirme (ja, sinnlos, ich weiß, aber ohne diese Utensilien hätten wir es leider
morgens nicht mehr pünktlich hin geschafft) und meinen Autoschlüssel. Achja. Hatte
ich schon erwähnt, dass ich, egal wie kalt es ist, ohne Jacke in das Gebäude
gehe? Die ganze Abholaktion bringt mich derart ins Schwitzen, dass eine Jacke
purer Mord wäre. Zudem wäre es zusätzlicher Ballast, welcher zum Auto manövriert werden
müsste. Das Mädchen steht bockig an der Tür und erklärt, dass es nur gehen würde, wenn es
selbst den Knopf drücken dürfe.
(TÜRSUMMER
an KiTa -Türen wurden nur aus einem einzigen Grund erschaffen: Sie sollen Eltern
das Leben schwer machen. Wie soll man bitte mit Kind, oder noch besser zwei
Kindern, Taschen, Rümpel, bla,... den Summer mit einer Hand betätigen und die Tür
dann mit der anderen Hand öffnen?! Richtig. GAR NICHT!)
Also drücke
ich den Summer das erste Mal, schmeiße Taschen und Gerümpel in den Vorflur der
KiTa, hebe dann Kind 1 hoch zum Summer…… und siehe das es drückt den Summer
nicht, sondern beginnt zu weinen, weil es ihren Erzieherinnen noch nicht „Tschüss“
gesagt hat….
Ich setze es
ab, es rennt fort. Ich warte.
Es kommt
wieder. Ich hebe es erneut hoch zum Summer, öffne die Tür und stelle es ebenfalls
zu den Taschen in den Vorflur. Tja und dann ist da ja noch Kind 2. Denn wie der
Zufall es so will, steht neben der Ausgangstür ein Autotisch. Ist total klasse.
Ein Tisch also, mit Autos. Junge und Autos. Untrennbar. UNTRENNBAR!!! Die Autos
gehören aber nun mal nicht dem Jungen, sondern dem Kindergarten. Man muss das Untrennbare
also trennen und das bringt das Fass derart zum Überlaufen, dass Erzieherin 1
sichergeht, dass alles in Ordnung ist, während Mutter 2 und 3 fragen, warum mein
Junge denn wohl so herzzerreißend weinen würde. Wie dem auch sei. Ich lasse ihn
brüllend den Summer drücken, hieve ihn in den Vorflur, zu dem Rest. Er schmeißt
sich theatralisch auf den Boden und schreit. (Jeden Mittag) Tja und da steh ich.
Gute 30 Minuten sind derweil vergangen. 99 % Der abholenden Mütter sind in der Zwischenzeit
rein und wieder raus und an uns vorbei und ich krieg es irgendwie nicht so
richtig hin. Was solls!? Lächeln und nett ausschauen ist die Devise. Und dann
kommt mir der Spruch einer Mutter in den Kopf, den ich vor ein paar Tagen gehört habe : „Du hast es total gut! Es ist ja sicherlich sehr praktisch, wenn man zwei
Kinder gleichzeitig in die gleiche Einrichtung bringen kann.“ Innerlich lach ich mich kaputt….., bringe die
Tochter ins Auto, dann die Taschen und das Gerümpel und dann habe ich wieder
genug Energie mich dem kleinen , trotzigen Jungen zu widmen , der mir doch ein
paar Minuten zuvor die schönste Minute des Tages beschert hatte.
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