Montag, 3. Februar 2020

"Alexa spiel: Dornröschen war ein schönes Kind"


Das Singen spielt in unserem Haushalt, mehr oder weniger gewollt, eine sehr sehr große Rolle. Was soll schon dabei rumkommen, wenn zwei Erzieher (davon eine, in diesem Falle ich, als alte Kindergartentante) mit zwei Kleinkindern unter einem Dach leben?
Richtig hier wird gesungen, von allen, den ganzen Tag. Naja gut, … insbesondere von mir. Und was sing ich wohl so den ganzen Tag, wenn ich morgens schon mit so kleinen, niedlichen Menschen arbeite und weitere kleine niedliche Menschen (meine), dann noch nachmittags um mich habe?
Richtig: Kinderlieder. Den ganzen lieben langen Tag. Ich singe Kinderlieder beim Duschen, beim Autofahren (zu meinem Erschrecken auch wenn ich alleine fahre), beim Anschaukeln (also insbesondere beim Anschaukeln, weil das ohne Singen einfach echt langweilig ist), beim Abwaschen, beim Wickeln, beim Malen und … ach immer.
Man könnte behaupten, dass es total großartig für Kinder ist, wenn eine erwachsene Person immer Kinderlieder singt. …Ist es auch. Aber für eine andere erwachsene Person, die wie schon gesagt, erwachsen ist … und eben kein Kind…, ist es womöglich nicht ganz so toll. Folgendes Zitat mag diese Vermutung bestätigen: „Wenn du jetzt noch ein einziges Mal Rommel Bommel singst, dann dreh ich durch und hau ab!“ Es war ein schöner Sommertag und was soll ich sagen? Alles in mir schrie: LOOOOOOOOOOOS, sing es nochmal. Noch ein einziges Mal. Nur um zu gucken was passiert. Gott sei Dank entschied ich mich dagegen.
Diese Angewohnheit des Singens in der Kombination mit dem beruflichen Lieder-Repertoire macht es, dass die Kinder hier zu Hause so ziemlich alle Lieder kennen und können, die man so im Kindergarten singt…. Alle bis auf einige wenige. Nämlich jene Lieder, die ich hasse. Ja, sowas gibt es. Es sind Lieder, die nicht enden wollen. 50 Millionen Strophen. Da schläft man während des Singens ein. Da ist mein absoluter Hass-Favorit: „Dornröschen war ein schönes Kind“. Dicht gefolgt von „Pitsch, patsch Pinguin.“
Ich bin mir sicher, dass Erzieherinnen diese Lieder im Alltag einfach abkürzen. In Dornröschens Fall singen sie bestimmt, erst dass sie ein schönes Kind war und Schwups: Da feierten sie ein Hochzeitsfest. Der ganze Hokus Pokus in der Mitte wird bestimmt einfach weggelassen, denn wenn man da alle Strophen durchziehen will …. Ist der Vormittag vorüber.
Nun gut. Beide Lieder habe ich bewusst nie nie niemals gesungen, damit meine Kinder auch ja nie nie niemals von mir verlangen, dass ich diese Lieder für sie singe.
Aber wie sollte es anders sein?! Sie gehen in den Kindergarten und Schwups: eines Mittags erzählt die Tochter mir freudestrahlend, dass sie Dornröschen war und dann kam eine Fee und noch eine Fee und die Hecke und der Königssohn und wer nicht noch alles und am Ende feiern alle ein Hochzeitsfest. Und dann verlangte sie von mir, dass ich dieses Lied für sie /mit ihr singe. Das tat ich. Am Ende tanzten wir auf Grund des pompösen Hochzeitsfestes im Esszimmer herum.
Das ging dann 7 Mal so und dann war ihr Dornröschen-Hype vorerst gesättigt. Den kleinen Jungen hatte sie übrigens gekonnt angesteckt und immer, wenn das Lied beendet war und wir im Kreis da standen rief er: „Nochmal Röschen“. Jo. So war es.
Zu diesem Umstand kommt sehr erschwerend hinzu, dass ich zu Weihnachten eine Alexa geschenkt bekommen habe. Eine kleine, nur für mich, für die Küche. Irgendwie dachte ich es sei ganz nett mal Musik für Erwachsene zu hören. Die Kinder bekamen übrigens eine Toniebox.  
Eigentlich leicht zu verstehen: Alexa: meine Musik. Toniebox: Ihre Musik. Vor Weihnachten hatten wir sogar überlegt, ob man den Kindern auch direkt eine Alexa schenkt. Schließlich hatte das Mädchen schon bei der Oma so viel Spaß daran, ihre Musikwünsche in den Kasten zu sprechen. Wir entschieden uns jedoch aus verschiedenen Gründen dagegen. Tja. Hätten wir auch lassen können…. Also das „dagegen entscheiden“.
Nun haben wir nämlich folgenden Ist-Zustand in unserem Hause:
Im Wohnzimmer dudeln den ganzen Tag auf zwei unterschiedlichen Tonieboxen Kinderlieder gegeneinander an. Ich frag mich bis Heute, warum sie partout keinen Kanon schaffen. Na und, in der Küche spielt sich täglich folgendes Szenario ab:
Ich gehe hinein, sage so leise wie ich kann: „Alexa spiel …“ und Alexa spielt … ! Für 10 Sekunden. Dann steht da ein Kind. Welches spielt keine Rolle. Das Ziel ist das gleiche: Alexa dazu zwingen Kinderlieder zu spielen. Bei der Tochter funktioniert das ganz präzise. Bei dem Sohn ist das so zuckersüß, wie er sich gekonnt nach vorne beugt über den Lautsprecher, um dann völlig ungekonnt zu sagen: „Hexa, piel,…..“ Alexa versteht natürlich kein Wort und er wird lauter: „Hexaaaaa, piel….“ tja und weil Alexa immer noch nicht reagiert, wird er entweder wütend oder er macht mir deutlich, dass Alexa kaputt sein muss. Ich helfe dann meist und befehle Alexa dann bitte jenes Lied zu spielen, was der kleine Mann sich aussucht. Und ich muss sagen, … seine Auswahl ist stets sehr abwechslungsreich. Er wünscht sich immer wieder andere Lieder und da habe ich tatsächlich gar nichts gegen. Ist jedoch die kleine Dame am Drücker, sieht es für mich duster aus. Sie hört Lieder nämlich nur in Dauerschleife. Und mit Dauerschleife meine ich…. Sie hört ein Lied so oft nacheinander, dass eine Stunde vergeht. Ich tippe auf knappe 50 Mal. Das ist hart fürs Gemüt. INSBESONDERE WENN ES SICH (wie neulich Nachmittags) UM DORNRÖSCHEN HANDELT. Und auch wenn das Mädchen schließlich bei jedem einzelnen der 50 Hochzeitsfeste bei mir ankommt und hochmotiviert den Hochzeitstanz verlangt. Das ist hart. Und ich dachte schon es sei schlimm 50 Mal nacheinander als Pinguin vor dem Eisbären wegzurennen. Nein… Tanzen ist schlimmer. Den Jungen hatte es in diesem Dornröschen-Szenario übrigens noch schlechter getroffen, er musste schließlich nicht nur 50 Mal tanzen…. Nein …. Er musste vorher 50 Mal die Hecke mit einem imaginären Schwert (da bestand das Mädchen drauf) klitzeklein schlagen. Am Anfang hatte sie noch nach jedem Mal, wenn das Lied beendet war gesagt: „Alexa, spiel Dornröschen war ein schönes Kind!“ Irgendwann hatte sie jedoch herausgefunden, dass man einfach nur sagen muss: „Alexa, nochmal!“ Tja und das sagt man nur zweimal und was macht Alexa dann?! Richtig, sie denkt: "Da sind eh Verrückte am Werk"… und somit spielt sie das Lied einfach immer und immer und immer wieder, ohne erneute Aufforderung, bis sich endlich irgendwer erbarmt und schreit: ALEXA STOPP!