Samstag, 10. April 2021

Ein Rentner kommt selten allein......

 

Nun ist es ja so …. ich habe einen Jungen , der ist sehr … nennen wir es willensstark. Er ist in allen Bereichen sehr willensstark und ich bin mir sicher... diese Eigenschaft kann ihm nochmal verdammt nützlich werden. Er wird sich durchsetzen können, er wird seine Ziele erreichen, er wird stark sein. Darüber freu ich mich . …. willensstark ist jedoch bei Kleinkindern zugleich ein sehr neumodisches Wort für: „ Das Kind schreit viel.“ :-) Das wollen Mütter nur meist nicht so gerne hören.

Also sprechen wir es aus : ich habe einen kleinen Jungen. Er schreit viel (um seinen Willen durchzusetzen). Soweit so gut . Ich kenne ihn. Ich komme damit klar . Ich bin Profi im „gelassen bleiben“ .

Das sei vorab gesagt … nun kommen wir zu den eigentlichen Geschehnissen. Es trug sich wie folgt vor:

Ich will mit meinem kleinen Sohn einkaufen gehen. Beim Einkaufen erleben wir meist die „tollsten“ Sachen. Ich denke ich berichtete schon des Öfteren davon .

Einkaufen mit einem willensstarken Kind ist irgendwie recht amüsant. Es ist ein Spießrutenlauf . Die Frage aller Fragen ist: Wann sieht er etwas, das er haben möchte , nicht bekommt, um dann vollends auszurasten. Tja... wann....?! Im besten Fall passiert dies erst an der Kasse. Dann beläuft sich die Dauer des Schreiens auf ca. 5 Minuten . Unglücklich läuft es, wenn die Süßigkeiten im ersten Gang aufgebaut sind. Ich meine... das ist auch nicht besonders klug. Alle Verkäufer sind doch genervt von schreienden Kindern. Da muss man doch das Material mit dem Höchsten Schrei-Potenzial nicht in dem ersten Gang aufbauen . Das grenzt ja an Masochismus. Nun ja.... ich schweife ab.

Wir wollen also einkaufen. Wir besprechen im Auto, dass heute alles gut ablaufen soll. Der Sohn versichert seine Kooperationsbereitschaft und wir ziehen frohen Mutes los. Die Chance, dass das Ganze gut geht, liegt bei 50 % , aber ich bin positiv optimistisch gestimmt. Die erste Hürde : „OH MEIN GOTT , ES GIBT KEINE KLEINEN EINKAUFSWAGEN MEHR!!“ , meistert der kleine Kerl ungewöhnlich gut. Wir bewältigen den halben ersten Gang und der Untergang kommt. In Form einer Glasvitrine. Ich bitte euch : ALDI! Seid ihr verrückt? Ne Glasvitrine, hinter der ein grüner, ferngesteuerter Monstertruck eingesperrt ist?! Was kann ein Dreijähriger anderes tun, als SCHREIEN!?! Er schreit also. Problem: Er will den Monstertruck haben . Ich will ihn aber nicht kaufen. Da ich (wie schon mehrfach erwähnt ) ein Profi bin , schalte ich in meinen Notfallplan A , ignoriere das Schreien, erhöhe mein Einkaufstempo und sprinte durch die Gänge! Ich höre ihn, na klar, er ist ja nicht zu überhören. Ich höre die erste Person (über 70) bei meinem Jungen. Ich grinse. Ich weiß was diese erste Person vor hat: Sie will ihr Können unter Beweis stellen. Sie ist sich sicher, dass sie dem Schreien ein Ende setzen kann. „Och du kleiner Mann, was hast du denn ?“ „Lass mich in Ruhe!“ ...Schreien! Die erste Person geht. Die zweite kommt. „ Ohhh , möchtest du diesen Monstertruck so gerne haben?“ „Jaaaaaaaaaaaaaaaaa“... „ Wo ist denn deine Mami? Die muss dir den kaufen. Dann hörst du auch auf zu schreien. Stimmt`s?!“ „Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa“ . Ich rufe aus der Ferne: „Hier bin ich ! Ich werde den Monstertruck nun nicht kaufen. Tut mir Leid“, ich grinse. Der Junge schreit. Person 2 über 70 ist entsetzt. „Ach kleiner , hör doch auf zu schreien. Das ist ja nicht auszuhalten“ . Ich erhöhe mein Tempo nochmals. Person 1 kommt wieder zurück zum Jungen. Person 3 kommt hinzu. Person 1: „Meine Güte... der hört aber auch nicht auf zu schreien.“ Person 2: „Ja, die Mama sollte ihm einfach das Ding kaufen, dann ist Ruhe!“ Person 3: „Ne also das find ich nun nicht …. Die Mutter macht das genau richtig. Kann ja nicht immer seinen Willen kriegen, dieses Kerlchen!“ Person 2: „Wo ist eigentlich die Mutter?“ Ich rufe: Hier bin ich ! Ich laufe auf die drei Rentner zu. Auf dem Weg treffe ich eine junge Dame, sie flüstert mir zu: „Immer schön ruhig bleiben und heute Abend einen Wein gönnen.“ Ich muss lachen. (Sieht man aber nicht , hinter der Maske) Beim Kind angekommen sagt Person 2 : „Nun kaufen sie ihrem Kind doch endlich das Teil. Das Geschrei muss aufhören!“ Person 3 : „Nein nein . Sie machen alles richtig. Gehen sie nur weiter einkaufen. Der wird sich ja bald beruhigen!“ Jetzt wird es spannend: Person 4 betritt die Bühne: „Oh je. Also da haben sie aber auch ein ganz besonders reizendes Exemplar von Kind erwischt. Da ist man ja froh wenn man Feierabend hat. Sie Arme!“ Person 2: „Naja , hätte sie nun auch nur ein bisschen Herz , würde er ja nicht so schreien. Sie muss ihm doch nur das Ding kaufen!“ Person 1: „ Also … da muss man nun einfach mal ein P davor setzen!“ Ich bin innerlich so wahnsinnig amüsiert über diese 4er -Crew, dass ich sehr interessiert frage, wie das denn funktioniere mit diesem ominösen P ?

„Naja, sie packen jetzt das Kind und sagen dass es aufhören soll zu schreien.“ Ich lache... (wieder unbemerkt, dank Maske),aber da ich meinen Einkauf eh weitestgehend relativ gelassen beendet habe ( Mein Sohn war ja stets in guter Gesellschaft ) , nehme ich meinen immer noch schreienden Sohn hoch. Dieser zappelt sich in sekundenschnelle von meinem Arm und Person Nummer 4 ist entsetzt . „Sowas hab ich ja noch nie erlebt. Sie bekommen bestimmt kein zweites Kind.“ Ich erläutere, dass ich bereits ein zweites Kind habe. Sie ist erstaunt. Und so lasse ich die vier zurück. Meinem Sohn erkläre ich dass ich nun zur Kasse gehe, weil ich den Einkauf schon erledigt habe, ganz allein, während er mit Rentnern „gesprochen“ hat. Jetzt rastet er richtig aus : „ ICH WOLLTE EINKAUFEN“ seine Schreifrequenz erhöht sich um einige Dezibel , er trottet hinter mir her. Die Lautstärke im Laden hat einen Höhepunkt erreicht. Alle sind genervt.... Außer ich . Ich schmunzel über meinen Sohn , über mich und erst recht über die Rentner.