Bei uns beginnt jeder Morgen irgendwie gleich. Die Uhrzeit
spielt dabei keine Rolle, denn die Erfahrung zeigt, dass es egal ist wie spät
es ist,
………es ist zu spät.
Die Kinder wachen also irgendwann auf, spätestens von dem Klingeln
meines Weckers und dann, spätestens dann, geht die große Wanderung los. Die Kinder
stapfen in unser Schlafzimmer, mit Decken, Kissen, Schnullern und Kraken bewaffnet,
um sich in unser Bett zu legen. Für die Kinder bedeutet der Wecker demnach
nicht „aufstehen“, sondern, „weiterschlafen in einem größeren Bett, mit mehr
Leuten und weniger Platz.“ Da liegen wir nun also: Zu viert. Ach, ne zu Fünft.
Der dicke Hund hat sich als Welpe mal ins Bett geschlichen und den Platz seitdem
nie wieder geräumt. Das ist tragisch, denn er gleicht mittlerweile eher einem Schwein,
als einem süßen Hundewelpen und schon hat man den Salat: 1/3 weniger Platz im Bett.
Jedenfalls liegen wir 5 da. Und kuscheln und schlafen und sind wirklich glücklich,
weil es wirklich gemütlich ist. Ja und manchmal wird dann noch Kakao ins Bett
geholt und der Fernseher wird angemacht, ja ich weiß, Rabenmutter und so, aber
es ist halt verdammt gemütlich. Dies geht dann eine ganze Weile so, bis ein
völlig abgedroschener, plakativer Spruch an Bedeutung gewinnt:
„Ich habe so lange ein Motivationsproblem, bis ich ein
Zeitproblem habe.“
Er sagt alles aus, was man wissen muss.
Da mir diese Minuten am Morgen so kostbar sind, erledige ich,
wenn möglich, alles am Vorabend.
Ich dusche, wasche/dusche die Kinder, lege Sachen für mich
heraus, überrede die Kinder Kleidung für sich heraus zu legen, bereite alles
vor, dass ich morgens zügig die Brotdosen bestückt bekomme, stelle mein Müsli
parat usw. usw. Ich bin ein Künstler im abends vorbereiten. Wie dem auch sei:
Irgendwann springen alle panisch auf. Naja Nicht Alle: Eigentlich
nur der Mann und ich. Die Kinder verstehen den Sinn des Aufstehens nicht und
der Hund bleibt eh da liegen. Meist bis mittags, bis alle wieder nach Hause
kommen. Der hat ein Leben….
An diesem Morgen war sogar bei den Kindern die Motivation
gegeben in die KiTa zu fahren. Das war ein großer Vorteil und verschaffte auf
dem Weg nach unten schon einmal Zeit. Nun musste aber alles super schnell gehen.
Ich schlüpfe in meine Klamotten, hetze
nach unten mit dem Jungen auf dem Arm, die Tochter trottet hinterher. Der Mann
ebenfalls.
Ich renne Richtung Ankleidestation der Kinder… der Mann
nicht. Ich höre ein „Pling“. Ok, er macht die Bluetooth-Box an. Unpassender Zeitpunkt.
Wir haben Zeitdruck. Zack: Chillige Reggea-Musik tönt durchs ganze Haus. Durchs
gaaaanze. Der Mann hört neuerdings auf einem Ohr nicht mehr so gut. Das ist ein
Problem, was nicht zu verachten ist.
Ich verstehe die Kinder kaum und beginne den
Anzieh-Wahnsinn. Der Mann? Geht duschen.
Nach empirischen Erforschungen, welche Reihenfolge des Anziehens
der Kinder mehr Sinn macht, ist das Ergebnis ernüchternd. Die erforschte Regel lautet:
Ein Kind schießt immer quer. Ich entscheide
mich heute für die Tochter. Schlafanzug aus, Unterhose an, Hemd an, Socken an. Das
sind die einfachen Dinge: Nun kommt der Knackpunkt. Sie sieht das am Abend
zuvor SELBST AUSGEWÄHLTE Kleid und sagt: „Nein, das zieh ich nicht an.“ Ich
bleibe konsequent und überwinde diese erste Hürde zügig. Sie zieht das Kleid
an. Nächste Hürde: Hose. Sie entscheidet sich (diesmal vehementer) gegen die
ausgewählten Leggins. Ich versuche es erfolglos mit guten Worten. Ich versuche
es erfolglos mit nicht ganz so guten Worten. Das Mädchen rennt weg. Der Junge
liegt, warum auch immer, unschuldig auf dem Boden neben mir. Die Chance nutze
ich. Schlafanzug aus. Großes weinen. Junge weg.
Der Mann kommt rein, Musik-Box in der Hand. Er fragt die Kinder nach ihrem
Lieblingslied und da kommt es auch schon. Der Text: „Emma die Ente, die ewig
verpennte, hatte Probleme mit der Zeit.“, könnte passender nicht sein. Ersetze „Emma“
durch „Ela“ und es ist perfekt. Nun denn. Die Kinder tanzen. Der Mann auch.
Okay. Soviel Zeit muss sein, ich auch.
Wir vier tanzen zu viel zu lauter Kindermusik bei akutem
Zeitmangel, morgens durchs Haus. Das muss Familien-Glück sein, denke ich.
Als die Musikbox sich nach Emma der Ente verselbständigt und
mit Helene Fischer weitermacht, entsteht akuter Brechreiz, nein, nicht nur bei
den Erwachsenen. Die Kinder finden es auch auf Anhieb uncool und die Stimmung
verfinstert sich leider wieder. Aber es muss weitergehen.
Der Mann schnappt sich den Jungen, ich mache bei dem Mädchen
weiter. Ein Wettkampf entsteht. Die Frage lautet: Welches Kind ist schneller
fertig. Bei beiden Kindern gibt es klare Stolpersteine auf dem Weg, deshalb ist
der Rückstand, den der Junge momentan dadurch aufweist, dass er noch nackt ist,
während das Mädchen schon fast fertig ist, nicht aussagekräftig. Bei dem
Mädchen kommt zu der fiesen Hose noch die tägliche Haartüdelei hinzu, die eines
hohes Konfliktpotenzial aufweist. Der Junge hingegen ist generell wie eine
tickende Zeitbombe. Da könnte jede Handlung zur Niederlage des Mannes führen.
Spätestens jedoch, wenn er eine Jacke anziehen soll, dürfte ich das Rennen für mich
entscheiden können.
Das Rennen beginnt und, was soll ich sagen? Wir bekleckern
uns beide nicht mit Ruhm. Als das Mädchen gänzlich in Tränen ausbricht, weil
eine kurze Hose nach einer Nacht mit Frost , nicht die richtige Wahl ist, werfe
ich einen Blick rüber zum Jungen, der gerade dabei ist jegliche Fassung zu
verlieren, weil er kein Oberteil anziehen möchte. Er gestikuliert wild vor sich
hin und ruft immer wieder „nein“. Tja. 5 Minuten später sieht man zwei weinende,
schreiende Kinder und zwei abgehetzte Erwachsene. (Der Mann könnte sich das
Duschen morgens einfach sparen. Das Anziehen der Kinder kostet Schweiß!)
Jetzt ist auch, wie immer, jener Zeitpunkt erreicht, an dem es
rein zeitlich sinnvoll wäre, los zu fahren. Bis zum Losfahren verstreichen jedoch
noch 10 weitere Minuten. Mindestens.
Nach einem langen Kampf geht keiner als Sieger hervor.
Naja, doch irgendwie schon:
Wir Eltern haben gewonnen: Das Mädchen geht nicht ungekämmt, trägt keine kurze
Hose, trägt keinen Rock unter dem Kleid, hat keine Sandalen an und trägt eine
Mütze, sowie einen Schal. Der Junge trägt ein Oberteil, hat keine Stiefel an, trägt
nicht seine dünne Sommerjacke.
Ja, das waren ja sogar noch recht wenig Diskussionspunkte.
Ich sprinte schnell in die Küche und mache die Brotdosen
startklar. Diese stopfe ich in Windeseile in die Taschen.
Zu zweit bringen wir dann die Kinder zum Fahrradanhänger.
Die Motivation der Kinder hält sich in Grenzen, keiner ist gewillt einzusteigen.
Dann bemerke ich etwas Entscheidendes: Ich habe mich noch nicht fertig gemacht.
Kleidung trage ich. Das ist schonmal gut. Aber das Bad hat mich noch nicht von
innen gesehen. Ich stürme los ins Bad, der Mann setzt die Kinder in den Hänger.
1,2 Minuten. Rekordzeit. Es kann los gehen zur KiTa und dann zur Arbeit und
dann wieder zur Kita……
Naja. Morgen wird es besser. …….
Oder auch nicht. 😊