Das Thema Schlaf ist bei meinem Kind in
etwa genauso heikel wie das Thema Essen.
Wenn sich also beide Themen nur latent
kreuzen, ist die Chance auf ein vorprogrammiertes Drama relativ hoch.
Jeder der ein Kleinkind hat, wird die
heikle Problematik um die Länge des Mittagsschlafes kennen. Schläft
das Kind Mittags zu lange, wird es Abends eine Party feiern und den
Schlaf später finden, als die übermüdeten Eltern und schläft es
Mittags gar nicht, sollte man eine Kneifzange in der Nähe haben, um
einen Umgang mit dem Kind zu finden.
Was macht man also als erfahrene,
allwissende Mutter?
Na klar,ganz einfach: Mittagsschlaf
kürzen. Eine Stunde! Sollte genügen. Dann ist Schluss mit Schlaf !
Schöne Theorie. Wunderschöne Theorie. Praxis? Hässliche Praxis:
Ich gehe also frohen Mutes nach oben ,
streiche dem so seelenruhig schlummernden Kind über die Wange:
„Aufwachen..., Mausi, Aufwachen!“
Och , was für ein friedliches Bild. Hmm, bringt nichts. Ich erhöhe
die Lautstärke und wiederhole meinen Versuch. Bringt nichts. Ich
erhöhe nochmals die Lautstärke und berühre sanft die Schultern des
offenbar im komaliegenden Kindes.
Nichts!
ICH RUFE :
AUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUFWACHEN !
Geht doch ! Als Antwort erhalte ich ein
langanhaltendes Schreien. Nicht seelenruhig, nicht friedlich.
Ich erkläre , dass ich extra Pommes
gemacht habe und sie nur noch aufstehen müsse um zum Tisch zu
laufen.
„Ich wiiiiiiiiiiiiill keine Pommes!
Ich hasse Pommes! Lass mich in Ruhe!“
Puh. Ich warte 5 Minuten und lasse das
anhaltende Schreien über mich ergehen, dann versuch ich es erneut:
„Pommes?“
„Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeein!“
(Okay. Hätte ich mir denken können)
Ich verlasse das sinkende Schiff und
setze mich alleine an den gedeckten Tisch.
Keine drei Minuten später geht das
Weinen der Tochter in ein Gebrüll über. Ich laufe hin und mir
strömen Worte entgegen mit denen ich nicht gerechnet habe:
„Ich will Pommes essen!Pooooommes!“
„Na klar Maus, dann komm her, dein
Teller steht schon da!“
„Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeein!“
und das weinen geht weiter, während ich schon ein wenig an mir
zweifel, was dieses liebreizende Kind nun eigentlich wirklich möchte.
Weitere drei Minuten später sitzt das
Mädchen mit vom Weinen aufgequollenen Augen am Mittagstisch vor
ihren kalten Pommes. ( Dass die Pommes derweil kalt geworden sind
verschweige ich dezent. Es bestünde die kleine Möglichkeit, dass
das ein weiteres Drama nach sich zieht. Fingersitzengefühl ist
gefragt.)
Fingerspitzengefühl rede ich mir ein ,
wie ein Mantra , immer wieder. Jede Aussage muss nun durchdacht und
gekonnt sein.... :
„Schatzi.....( ich habe Angst weiter
zu sprechen......)
duuu?.......
Möchtest du auch Ketchup und Majo?“
„Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeein.“
Ups . Das war wohl falsch. Sie weint.
Drei Minuten später : „ Ich möchte
Ketchup!“
Ich gebe dem Kind den Ketchup.... und
während ich innerlich triumphiere, weil es offenbar beginnen möchte
zu essen, hat das Kind andere Pläne und (Überraschung) schreit .
Nicht nur ein bisschen, sondern enorm laut! So laut, dass der Hund
denkt, das Kind sei in großer Not. Er beginnt zu bellen. Ich träume
vom Meer . Dann von Astronauten und dann vom Mond. Komisch , was mein
Gehirn so macht. Oh, plötzlich Ruhe. Das Kind isst. Seltsam, habe
ich lange geträumt? Egal. Ich grinse. Geschafft.
Denke ich ….
„Darf ich auch Majo bekommen?“
Dass diese Frage eine Frage
ist.......die eine Bombe zum Explodieren bringen kann, die jegliches
vorher Geschehene in den Schatten stellt,
eine Frage, dessen Worte ich niemals
vergessen werde......
hätte ich nicht gedacht!
Das Folgende passiert im
Zeitlupentempo:
Mit grinsendem Gesicht, greife ich zur
Majo-Flasche, öffne sie, drücke und befördere so Majonäse auf den
Teller , der gerade essenden Tochter!
Die Majonäse fliegt, sie landet
gekonnt neben dem Ketchup... doch bei der Landung fliegt ein Spritzer
der weißen Flüssigkeit auf die rote Flüssigkeit! Oben drauf. Weiß
auf rot!
SCHOCK.
Ich gucke meine Tochter an , sie guckt
mich an . Meine Lippen zittern, ihre auch!
In ihren Augen steigt Flüssigkeit
hoch. Ziemlich rapide. Ich halte meine Hände an die Ohren und bin
auf das gefasst was kommt!
Ich hatte einen folgenschweren Fehler
begannen.... die Konsequenzen muss ich nun tragen.
„NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEN!!
Das esse ich nicht. Das berührt sich. Ich will Pommes ohne Ketchup
und Majo.“
Sie greift den Teller und schmeißt ihn
auf den Boden.
Sie schreit! Gekonnt, einstudiert,
nervtötend, gewaltig und vor allem unschön. 20 Minuten.
Sie macht mir unmissverständlich klar,
dass sie jetzt ganz sicher gar nichts mehr essen würde und dass
alles blöd ist. Ich und sie und die Welt und das Essen und auch der
Papa, der gar nicht da ist aber trotzdem doof ist , weil er
existiert.
Tja. Was soll ich sagen ?
Ich bin nur ein kleines bisschen sauer
geworden, habe nur ein kleines bisschen geschimpft, habe dann die
Pommessauerei auf dem Boden entfernt und für mich entschieden:
Eine Stunde Mittagsschlaf ist zu wenig.
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