Mittwoch, 7. Oktober 2020

Pferd des Grauens

 Der Beginn dieser Geschichte liegt schon ein bisschen zurück. Der Junge war noch ein kleines Baby und das Mädchen ja irgendwie auch . Und ich weiß es noch als sei es gestern gewesen, es war ein heißer Tag, wir machten eine Radtour mit Freunden und aus irgendeinem Umstand, bekamen meine Kinder am Ende von anderen (sehr viel älteren )Kindern ein Pferd geschenkt. Nicht irgendein Pferd und nein , auch kein echtes Pferd. Es handelte sich um ein Pferd , auf dem Babyborn reiten kann. Meine Kinder hatten keine Babyborn, haben sie immer noch nicht, werden sie vielleicht nie haben.... aber , sie haben das passende Pferd. Das ist doch schon mal ein Anfang. Kommt Belastung auf den Rücken des Pferdes, beginnt es zu laufen und zu wiehern.

Prinzipiell sei schon mal gesagt, dass mir Spielzeuge, die derartige Dinge tun, suspekt sind. Ich habe dann das Gefühl die Spielzeuge haben ein Eigenleben und schon sind sie ziemlich beängstigend.Und wie der aufmerksame Leser vielleicht schon erahnen kann : Ich mag dieses Pferd nicht. Ich mochte es noch nie. ( Falls die Familie, von der dieses Pferd geschenkt wurde das nun liest: Ich mag dieses Pferd nicht! Aaaaber: Meine Kinder mögen es und es ist wahrscheinlich eines der besten Geschenke dieses Planeten für sie).

Meine Kinder lieben es. Lieben es seit dem ersten Tag. Es sei dazu gesagt, dass so ein Pferd für Puppen, was sich dazu noch bewegen kann , natürlich nicht klein und auch nicht kuschelig ist. Das war der kleinen Tochter schon damals egal. Sie nahm dieses sperrige, angsteinflößende Teil mit ins Bett. Nacht für Nacht . Und tagsüber wurde es gepflegt, gekuschelt, zugedeckt, gefüttert usw. Eben all das was Kinder mit Spielzeug tun, was sie gern haben . Sicherlich sollte es auch mal mit in die Badewanne. Das wäre ja im Prinzip meine Chance gewesen..... Ich hätte es einfach erlauben sollen, dann wäre zumindest der Spaß mit dem gruseligen, elektronischen Eigenleben zu Ende gewesen. Aber so fies wollte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht sein.

Die Zeit verging. Der Junge wurde größer und siehe da! Auch er hatte dieses Pferd.....oder: Lilli, Amadeus, Sabrina, Skye, Amber, Lina, Schnuffi, etc. (es bekam im Laufe der Zeit wirklich viele Namen) als sein liebstes Spielzeug auserkoren. Als er so gerade dabei war laufen zu lernen , benutzte er es als Lauflernhilfe. Und so seh ich ihn hier noch an mir vorbeireiten. Ein Szenario für sich, wenn man bedenkt, dass dieses Pferd für Puppen gemacht ist, nicht für Kinder, die sich mit ihrem vollen Körpergewicht auf den Rücken setzen , um dann laufen zu üben. Nun denn . Das Pferd?: Wiehernd …. ohne Pause wiehernd. Fast schon dramatisch , klagend. Die Beine des Pferdes dem Zusammenbruch Nahe. Ich behaupte, dass eben dieses sich ständig wiederholende Szenario dem Pferd einen Knacks weg gegeben hat. Da könnte verschiedenes passiert sein . Ich behaupte jedoch einfach mal , dass die körperliche Belastung sich auf die Psyche niedergeschlagen hat.

So jedoch vergingen Tage und Wochen und mit jedem Wiehern wurde mir dieses Tierchen unangenehmer. Meine Idee hierzu war,... es aus dem Wohnzimmer zu verbannen. Gesagt getan... ich schleppte es nach oben ins Spielzimmer und hatte für wenige Stunden meine Ruhe. Das ganze blieb nämlich nicht lange unbemerkt und eines der Kinder schlurte das Teil wieder nach unten . Mist. In einer ruhigen Minute schauten wir uns an . Die Blicke trafen sich und ich bin mir sicher...., das Pferd fing an zu lachen. Es lachte mich aus. Hass entwickelte sich. Ich begann mit ihm zu sprechen. Es antwortete.... glaub ich . Den Versuch es nach oben zu verbannen , probierte ich noch zwei-, drei Mal und schließlich klappte es. Es blieb oben . Und dort? Trieb es sein Unwesen . Während der Junge weiterhin beim Spielen oben , das Pferd „ausritt“ , pflegte das Mädchen das ermüdete Pferd, meist bis es zugedeckt einschlief. Und ja, das Gefühl, dass dieses Tierchen ganz offensichtlich mit Eigenleben, nachts nur eine Tür weiter lag, machte mir Angst. Und eines Nachts: Es war um 3!... , schreckte ich hoch. Ich wurde geweckt . Von einem Wiehern. Nein nicht von einem Wiehern … sondern von einem Wieher-Konzert. Ich stampfte ins Spielzimmer, machte das Licht an und sah dieses Pferd, was wieherte und zugleich seine harten Plastikbeinchen auf der Stelle über den Laminatboden schob. Da dieser offenbar zu glatt war, kam es nicht voran. Hätte das Pferdchen nicht so unendlich dämlich ausgesehen , wäre ich vollends vor Panik zusammengebrochen. Das ist doch nun wirklich der Beweis dafür, dass solche Art von Spielzeugen angsteinflößend sind. Ich bin in jener Nacht hingelaufen zu dem Pferd und habe dagegen getreten. Dann war Ruhe. Vorerst.

Am nächsten Morgen entschied ich mich , das Tierchen, was mich offenbar absichtlich terrorisierte heimlich zu entsorgen. Als die zwei Kinder also fernsahen , stampfte ich klammheimlich von oben nach unten , mit dem süßen Tierchen in der Hand. Ich ging in die Garage und warf es im hohen Bogen auf unseren Sperrmüllhaufen. Zack , erledigt. Ich fühlte mich frei … und erleichtert. Doch dieses Gefühl hielt..... 3 Stunden . Durch einen absolut doofen Zufall entdeckte das Mädchen das Pferd in der Garage:

„Ach Amber! Was machst du denn hier? Du arme Maus, komm mal schnell mit rein ins Warme!“

Jaaaa, genau... du arme Maus. Geh mal schnell mit rein ins Warme!Grr.

Diesen Versuch wiederholte ich DREI ganze Male. DREI ganze Male wurde dieses bescheuerte Pferd wiedergefunden und das, obwohl ich es von Mal zu Mal besser versteckte. Es ist doch ein Rätsel! Wie ist so etwas möglich ? Hat es gewiehert, dass die Kinder es immer wieder gefunden haben . Ich weiß es nicht und Verzweiflung steht mir bis heute ins Gesicht geschrieben. Denn noch während ich diese Geschichte niederschreibe steht es hinter mir! Unten! In meinem Lebensraum ! Und was tut es? Es schaut mir zu und ab und an wiehert es unkontrolliert.

Ich werde es niemals loswerden. So … mein aktuelles Gefühl.

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