Montag, 31. Mai 2021

Mit dem Rad zum Kindergarten (Kein Problem)


So! 6 Monate Lockdown ohne Kindergarten liegen hinter uns. 6 Monate ohne Kindergarten haben wir völlig unbeschadet überstanden. Also wirklich. Es kommt kein Aber... wer hätte das gedacht ?!

Das Spannende : Meine Kinder haben sich 6 Monate lang jeden Tag ausgemalt, wie es sein wird, wenn der Kindergarten wieder startet und sie MIT DEM RAD zum Kindergarten fahren. Also jeder für sich , auf seinem Rad und ich ? Na.... ich auf meinem Rad, nebenher. Klingt easy... , denkt man.

Dass es nicht ganz so easy sein würde, war mir ja bereits während der täglichen Freude auf jenes Ereignis klar. Ich kenn das ja. Ich weiß, dass 1,5 km uns das Genick brechen können. 1,5 Kilometer Radfahren, gepaart mit akuter Müdigkeit und generellem „Nicht-ganz-bei-der-Sache-sein“ seitens meiner Kinder.... könnten nur ein Vergnügen werden und so nutze ich jeden einzelnen Tag des Corona-Lockdowns um meine Gelassenheit auf ein so hohes Level zu treiben, dass ich jenes Horrorszenario für die Nerven mit Bravour meistern würde. Und wir erinnern uns … die Tage , an denen ich meinen Geist auf Ruhe trainieren konnte waren unendlich viele.


Es kam also wie es kommen musste.... der Kindergarten startete zur Freude aller Menschen dieser Erde und ich konnte das Schlimmste abwenden und meine Kinder überreden erst am zweiten Kindergartentag mit dem Rad zu starten. Am zweiten Kindergartentag regnete es... leider.... leider ….leider.

Am dritten auch . Schade oder ? Dann kam der vierte Tag und der Regen spielte mir nicht in die Karten und es hieß: Los geht die große Fahrt ! Wirklich schlimm ist es, wenn 6 Monate Corona- Dings hinter einem liegen und Mutter , sowie Kinder einen Schlafrhythmus haben, der so gar nicht zu Kindergartenzeiten passen. So kommt es , dass auch an Tag vier alle drei geweckt werden müssen und das ganze noch früher als an den anderen Tagen, denn schließlich kann man für so eine 1,5 km lange Abenteuerfahrt auch gut und gerne mal eine halbe Stunde einplanen, wenn es gut läuft. Wenn es schlecht läuft ...kommt man womöglich auf eine Stunde . Nach großem Gehetze und allgemeiner Panik schaffen wir es natürlich auf unsere Räder. Also mehr oder weniger.

Da mein Geist dermaßen auf Ruhe trainiert ist... , bringt mich nichts aus der Fassung, obwohl man durchaus die Fassung verlieren könnte, bei zwei kleinen Kindern, die unkoordiniert mit dem Rad mal mehr und mal weniger voran schreiten. Die Tochter beispielsweise hält geschätzt alle 50 Meter an , um … sich zu kratzen. Nein nein , sie ist nicht von der Krätze befallen, Läuse gibt es auch nicht. Es ist nur so : Wenn sie beide Hände am Lenker hat und weiß, dass sie sich gerade nicht kratzen könnte, wenn sie doch vielleicht müsste, dann beginnt natürlich irgendwas zu jucken. Eine Kopfsache. Spannende Geschichte. Nicht so spannend, für die ständig Wartenden. Dann der Junge , der ja bekanntlich zumeist noch mit Stützrädern fährt: Er träumt. Und wenn er träumt , wird er langsam und wenn er langsam wird , machen es die Stützräder , dass das Hinterrad durchdreht und er nicht mehr vom Fleck kommt. Ich muss dann absteigen , um ihm wieder einen kleinen Schubser zu geben, damit es weitergeht. Was will ich damit sagen ? Einer steht immer. Unter Zeitdruck und mit normalem Gemütszustand eine Zerreißprobe ! Für meinen trainierten Geist: Ein Klacks. Dann die nächste große Hürde: Nach ca. einem Kilometer steigt der Junge vom Rad und verkündet: Ich will nicht mehr. Ich weiß das, ich kenn das und ich bleibe cool. Mit guten Argumenten bewege ich ihn zum weiter fahren und schließlich kommen wir an. DAS war der Hinweg. Unter guten Bedingungen. Der Rückweg , und das dürfte jedem klar sein , ist da nochmal ne Schippe oben drauf. Warum?

Der Rückweg mit zwei Kindern , die vom Kindergarten hundemüde und ausgehungert sind.... die zusätzlich gleiche Vorgehensweisen , wie auf dem Hinweg an den Tag legen, ist die Königsdisziplin. Deswegen.... habe ich dieses Mammutprojekt ein wenig nach hinten geschoben. Ich musste mich mental drauf vorbereiten.

4 Tage nacheinander habe ich uns alle trainiert! Es war ein hartes Training, aber es hat sich ausgezahlt gemacht.

4 Tage habe ich mittags die Kinder mit dem Auto abgeholt und die Räder in den Kofferraum geladen. …....Alle vier Tage schlief der kleine Mann im Auto ein … auf 1,5 km. Ihr erinnert euch . Alle vier Tage stopfte die Tochter den gesamten Inhalt ihrer Brotdose in sich hinein... auf 1,5 km. Alle vier Tage verkündete ich :

„Wenn ich euch morgen auch mit dem Rad abholen soll, dann könnt ihr nicht einschlafen und essen auf dem Rückweg.“

Nun ja. Die Worte fanden wenig Gehör... denn am 5. Tag sollte es soweit sein :

Ich hole die zwei mit dem Rad ab. Beide hocherfreut , über diesen tollen bevorstehenden Heimweg... fahren sie motiviert los! 100 Meter. Der Junge: „Ich bin müde!“ Das Mädchen : „Ich muss so pipi , außerdem …. ich hab Huuuuuuuuunger !“ Ich : „Om Om Om !“

Der Junge steigt ab und setzt sich auf den Bordstein. Das Mädchen steigt ab und verschwindet hinter einem Busch. Offenbar eine Pipi-Pause?! Ich steige ab und warte. Der Junge legt sich hin . Das Mädchen kratzt sich . Ich fahre los. Sie fahren mir hinterher. 300 Meter weiter. Der Junge : „Ich habe so Hunger.“ Das Mädchen: „Ich hab auch so Hunger.“ Ich : „Ich nicht!“ Ich entscheide mich für eine Picknickpause. Die Kinder jubeln, schmeißen ihre Räder an die Seite, setzen sich auf den Bordstein , packen ihre Brotdosen aus und beginnen zu essen. Ich setze mich dazu. Wir beginnen zu quatschen. 5 Minuten , 10 Minuten, 15 Minuten, 20 Minuten. Die Kinder sind satt. Der Junge fragt, ob er dort auf dem Rasen schlafen dürfe. Ich verneine das Vorhaben. Ich mache den Vorschlag weiterzufahren. Die Kinder sind dafür. Wir fahren. 300 Meter. Das Mädchen muss sich kratzen. Der Junge tritt längst nicht mehr . Ob er eingeschlafen ist?! Wir fahren weiter. Keiner schläft, keiner kratzt sich. Wir kommen an einen Kreisel in der Spielstraße. Wir fahren im Kreis. Nach 10 Runden verkünde ich ,dass mir übel ist.... ich verlasse den Kreis. Die Kinder tun es mir gleich . Wir kommen gut voran. Nächstes Spiel : Über Gullideckel fahren. Das ist ein gutes Spiel, um Strecke zu machen. Nicht jedoch.... wenn der Junge jedes Mal , wenn er einen verpasst , vom Rad absteigt, es zurück schiebt , um dann wieder aufzusteigen und ÜBER der Gullideckel zu fahren . Zeitintensiv diese Aktion . Aber.... mich hetzt ja nichts. Corona hat mich ja so wahnsinnig gelassen gemacht. Ganz schön cool. Irgendwann kommen wir zu Hause an . Ich schaue auf die Uhr. Wow! 1,5 Stunden für 1,5 Kilometer. Auf meine enthusiastische Frage, ob wir morgen wieder mit dem Rad Hin- und Zurückfahren bekomme ich von beiden Kindern nur ein müdes „NEIN“. Schade eigentlich . Ich hatte irgendwie Gefallen daran gefunden.

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