Dienstag, 3. März 2020

Der Restaurantbesuch



Oder: wenn du denkst es geht grad sehr, kommt von irgendwo ne neue Phase her!

Und um es direkt vorweg zu nehmen: Es handelt sich um eine Trotzphase der Extraklasse. Wenn wir die theatralischen Wutausbrüche des Mädchens, weil Ketchup und Majo sich auf einem Teller berührten, rückblickend betrachten, so können wir heute darüber lachen! Was das Mädchen als Trotzphase vorgemacht hat, war Kindergarten. Ein bisschen Rumgezicke, ein paar Kämpfchen hier ein paar Machtspielchen da. In der Situation auf jeden Fall anstrengend und wahrscheinlich dachte ich damals ich muss sterben in Anbetracht der misslichen Lage, in die das Mädchen mich (vermeintlich) brachte, aber dennoch nichts gegen das was der Junge nun tut.
Denn der Junge beherrscht diese ganze Trotzaktion in Perfektion. Ja, er ist ein Meister. Wenn nicht sogar: DER MEISTER. Denn in der Tat habe ich noch niemals ein Kind perfekter trotzen sehen als ihn. Ich denke dieser Umstand hat verschiedenste Hintergründe. Doch nehmen wir den prägnantesten Vorweg: ER ist jähzornig. Schon als er gerade mal ein Jahr alt war, hat seine Schwester ihn gefragt, warum er nur so jähzornig sei. Ja. Das ist hier die Frage.
Wie dem auch sei. Er ist jähzornig und ein Junge und er hat Energie und er will frei sein und er ist mutig und seine Mama nervt und sein Papa auch und die Welt auch und so kommt eines zum anderen.
Wenn es also nun zu einem Trotzanfall kommt. (Aktuell ca. 20 Mal am Tag) … dann schreit der Junge. Er wirft sich auf den Boden, lässt nicht mehr mit sich reden. (Soweit normal und mit ein bisschen Erfahrung auszuhalten) Aber jetzt kommts. Neuerdings hat er sich was angewöhnt. Wenn er sich also aufregt, weil der Becher die falsche Farbe hat, oder weil er die Jacke nicht anziehen will, oder weil die Socken nicht richtig sitzen, oder weil er zwei Bonbons auf einmal essen möchte, oder weil er beim Kinderturnen „NEIN, NICHT ANSTEHEN“ will… ja dann schreit er sich in Rage. So sehr,… dass er sich übergibt. Manchmal einmal, manchmal fünf Mal. Direkt nacheinander weg. Das ist neu für mich und auf diese extra Portion Überraschung kann ich eigentlich total gut verzichten. Er aber nicht. Für ihn gehört das dazu. Eine Trotzphase gilt erst als abgeschlossen, wenn man sich des Mageninhalts entleert hat. Hmpf.
Die schlauen Füchse unter euch wissen nun eigentlich wie meine Geschichte des Restaurantbesuchs ausgehen wird, aber zur Traumabewältigung teile ich das ganze dennoch gerne mit:

Vorab: Wir besuchen sehr häufig Restaurants mit unseren Kindern. Und da muss ich wirklich loben: bis auf die üblichen Aktionen (umgekippte Gläser, 5 Mal zur Toilette laufen, Majo in den Haaren usw.) klappt das mit unseren Kindern tatsächlich ausgezeichnet. Deeeeeswegen haben wir uns ja auch an diesem Tag dazu entschieden essen zu gehen. Der Plan: Ein Buffetessen. Da können wir dann stundenlang sitzen und es uns gut gehen lassen. Die Kinder waren auch voller Vorfreude. Unser Ziel war es gegen 17 Uhr beim Restaurant zu sein. 30 Minuten Fahrzeit. Als der Mann schon gegen 15.15 begann die Kinder zu animieren sich anzuziehen bzw. anziehen zu lassen, hielt ich das ganze zeitlich für leicht überzogen. Ja, wir brauchen lange, aber sooo lange?
Tatsächlich sollte er mit seiner Planung von 45 Minuten für das Anziehen der Kinder Recht behalten. Schade eigentlich.
Also: er beginnt mit der Animation.
Ich nicht. Ich warte ab und wehre mich schon jetzt gegen dieses Spektakel. Kinder anziehen und fertigmachen ist für mich so blöd, dass es fast ein Grund wäre das Haus erst gar nicht zu verlassen. Nun ja. Schon bei der ersten Ansage das Mannes: „Wir machen uns jetzt mal fertig, wir wollen ja gleich ins Restaurant.“, rennt die Tochter weg und der Junge beginnt sofort zu protestieren. „Nein, nicht fertig machen.“  Ich nutze die Gelegenheit und wende mich der Tochter zu. Das erscheint mir klug in Anbetracht des bevorstehenden Geschreis. Die Tochter ist sofort kooperativ und nach wenigen Minuten ist das Mädchen startklar. Eigentlich. Der Kampf bei Vater und Sohn spitzt sich zu…. und noch während ich überlege einzuschreiten, erlöst mich die Tochter von dieser Entscheidung in dem sie eine komplizierte Flechtfrisur verlangt. Das ist aber schade.
Ich flechte und im Hintergrund geht die Welt unter. „Hose nein, Shirt nein, Papa nein, Mama nein, Restaurant nein, hierbleiben nein, Bett nein, essen nein, Schuhe nein.“ Junge Junge, der Junge ist wirklich sauer. Ich befürchte nur, dass er selbst nicht weiß warum.
Er schreit und weint und schwitzt uuuuuuund würgt. Das ist nicht gut. Aber er fängt sich. Die Flechtfrisur ist fertig, der Junge nicht. Beim Anziehen kommt stets erschwerend hinzu, wenn das Kind sich während des Anziehens an anderer Stelle wieder auszieht. Nunja…. Hatte ich erwähnt, dass die Flechtfrisur fertig ist? Der Mann tut mir leid. Mein Junge auch. Sie kämpfen so sehr. Am Liebsten würde ich beide drücken, aber: „Mama nein!“ Ok… nach einiger Zeit scheint der schreiende Junge fertig zu sein. Ich nehme ihn in den Arm und vor Erschöpfung möchte er tatsächlich so auf meinem Arm einschlafen. Auf meine Worte: „Ich bring dich schnell ins Auto mein Schatz“, folgt die nächste Schreiorgie und natürlich: „Nein Auto!“
Auf meine Frage: „Möchtest du denn lieber, dass wir hierbleiben?“ , folgt die Antwort: „Nein, hierbleiben!“ Tja Also trage ich den schreienden Jungen zum Auto. Er sitzt im Autositz und 3, 2, 1, … er…Trommelwirbel…übergibt sich. Schade eigentlich. Der Mann hatte ja auch nur gerade ca. 35 Minuten gebraucht, um ihn anzuziehen. Ich trage also den Jungen ins Haus, um ihn wieder anzuziehen. Ich stehe vor ihm und frage erneut: „Möchtest du lieber hierbleiben?“ „Nein, hierbleiben“ bleibt seine unmissverständliche Antwort. Ich will also beginnen ihn auszuziehen und siehe da: 3,2,1…… er übergibt sich nochmals. Auf …. Mich.
Ha. Zwei Personen müssen also neu gekleidet werden. Das geht erstaunlich schnell und rucki zucki sitzen wir auch schon im Auto und noch während wir die Auffahrt herunterrollen, schläft der kleine Mann ein…. Och so ein Nickerchen würde ich nun auch verkraften. Kräftezehrend sowas. Denkt er sich wohl auch.
Pünktlich um 17:00 Uhr beim Restaurant angekommen…. schläft der Junge…das Mädchen übrigens auch, aber das ist für die Geschichte unerheblich. Denn bei dem Mädchen geht das mittlerweile so: „Kaja, aufwachen, wir sind da.“ Augen auf, zack, voll da, gute Laune. Bei dem Jungen läuft das (wer hätte das gedacht) anders. Dieser jedoch ist so so müde, von seiner Aktion, dass ich ihn einfach schlafend in das Restaurant trage. Mit Hilfe eines geschickt gewählten Platzes mit einer Rundbank, kann ich ihn einfach schlafend neben mir ablegen und in Ruhe essen. Wir alle drei essen in Ruhe. Also wirklich in Ruhe. 1,5 Stunden später wacht der kleine Kerl auf. Eigentlich wollten wir gerade bezahlen und gehen, ihn dann schlafend in sein Bett legen und so tun, als wären wir nie weg gewesen, aber nun wacht er halt auf. Kurz hatten wir Angst vor einer weiteren Trotzschreiaktion in Anbetracht seiner ungewöhnlichen Lage, in der er sich befand, doch nichts dergleichen geschieht. Er wacht einfach glücklich auf, ist mit sich und der Welt im Reinen und verlangt nach leckerem Essen vom Buffet. Das bekommt er und er strahlt übers ganze Gesicht.
Und dann wird einem wieder klar…: Ein Kind kann einen noch so wütend machen, oder traurig oder verzweifelt. Ein einziges Lachen macht alles wieder wett.

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